In diesem Monat möchte ich das Thema „Gruppenarbeit“ in Online-Seminaren etwas genauer beleuchten und 3-4 Beiträge dazu schreiben.
Im letzten Newsletter ging es ja auch um das Thema „Wie kann ich längere Online-Seminare gestalten?“ und gerade da ist Gruppenarbeit ja die Rettung. Denn du kannst nicht 6-8 Stunden die Teilnehmer frontal bespielen.
Heute geht es darum, wie du eine Gruppenarbeit anleitest und die Aufgabenstellung aussehen sollte, damit in den Gruppen auch das passiert, was das Ziel der Gruppenarbeit ist.
Kurzer Exkurs in die Vergangenheit
Wenn ich an meine allerersten Präsenz-Seminare denke, die ich vor 40 Jahren in der Lehrerfortbildung durchgeführt habe, dann sah Gruppenarbeit so aus:
Wir hatten vorher einen Input gegeben, sprich, einen Vortrag gehalten und anschließend wurden die Teilnehmer in Arbeitsgruppen geschickt. Um das Thema vertieft zu bearbeiten.
Dazu bekamen sie einen Schwung Papier mit schlauen Texten mit, diese sollten sie durcharbeiten, diskutieren und (immerhin) mit einer konkreten Aufgabenstellung dann auf einem Flipchart zusammenfassen.
Anschließend präsentierten die Gruppen reihum ihre Ergebnisse im Plenum.
Normal- oder?
Nein, grauenvoll! Langweilig! Bringt für die Teilnehmer auch nicht viel oder nichts.
Wieso?
1. Wenn eine Gruppe eine halbe Stunde oder länger (damals, bei 5-tägigen Seminaren) ein Thema intensiv durchgekaut hat und dann noch je nach Aufgabenstellung etwas bearbeitet und zusammengefasst hat, ist es für sie selbst nicht besonders spannend, dass dann im Plenum nochmal wiederzukäuen!
2. Aber auch für die anderen ist das nicht der Bringer. Sie hören 4-5 Vorträge am Stück, die natürlich relativ an der Oberfläche bleiben. Das, was die vortragende AG vielleicht aus ihrer Arbeit profitiert, können die anderen in der Kürze nicht übernehmen. Sie haben weder einen wirklichen Lerneffekt noch können sie nachher etwas davon anwenden. Jedenfalls nicht, wenn das so in dieser Weise praktiziert wird.
Aber ich springe schon vor, zur eigentlichen Präsentation komme ich im übernächsten Newsletter.
Bleiben wir bei den AGs und der Aufgabenstellung – und das Ganze nun auch noch online.
1. Wann sind Gruppenarbeiten sinnvoll?
Du solltest Gruppenarbeiten natürlich nicht nur zu deiner eigenen Erholung einsetzen, damit du mal Pause machen kannst. Sondern sie sollten schon einen inhaltlichen Bezug und ein klares Ziel haben.
Wann ist eine Gruppenarbeit sinnvoll oder sogar notwendig? Was ist das Ziel und was soll das Ergebnis sein?
Das musst du dir bei deiner Seminarplanung als erstes klarmachen.
Falls du längere Vorträge hältst (du weißt, ich bin kein Fan davon), können anschließend Gruppenarbeite sinnvoll sein. Doch nicht automatisch. Du kannst während eines Vortrags und nach einem Vortrag auch ganz andere Aufgaben und Aktivitäten zur Erarbeitung anbieten, vieles geht auch in der Gesamtgruppe oder als Einzelarbeit. Es ist also keine zwangsläufige Variante.
Gruppenarbeiten können verschiedene Ziele haben:
– dass Teilnehmer das Gehörte oder Gelernte vertiefen und konkret anwenden und üben
– dass Teilnehmer sich über ihre Gedanken und Meinungen zu einem Thema austauschen
– dass sie gemeinsam ein Brainstorming oder eine andere Übung machen, um konkret weiterzuarbeiten
– dass sie Fragen zum Thema sammeln usw.
2. Wie können Aufgabenstellungen aussehen?
Konkret, konkret, konkret!
Ziel der Gruppenarbeit für dich bei der Planung klären
Erst einen langen Vortrag halten und die Teilnehmer dann in Gruppenräume schicken mit dem Hinweis: „Tauscht euch mal darüber aus, was ihr eben gehört habt“ ist nicht wirklich zielführend. Wie die genaue Aufgabenstellung aussehen sollte, hängt auch davon ab, was das Ziel der Gruppenarbeit ist (siehe oben).
Sollen Unklarheiten gesammelt werden?
Sollen die Teilnehmer sich über eine bestimmte Sache austauschen, dann aber auch hier noch eine konkretere Fragestellung mitgeben. Das könnte sein „Hast du selbst auch solche Erfahrungen gemacht?“ oder „Kennst du solche Situationen? Wenn ja, wie hast du reagiert?“ oder „Was würde dir in der Situation helfen?“
Es kann aber auch so eine Frage sein:
* Was sind die 3 wichtigsten Erkenntnisse für dich?
Sammelt alle auf einem Whiteboard.
* Was war neu für dich? Was hat dich überrascht?
Jeder schreibt 2 Minuten für sich die Antworten auf ein Papier, anschließend tauscht ihr euch in der Gruppe aus.
Klare Aufgabenstellung
Bevor du die Teilnehmer in Gruppen schickst, gib ihnen eine klare Aufgabenstellung. Und diese auch schriftlich, laut und deutlich auf der Folie. Denn die visuellen Lerner bekommen es sonst nicht mit. Und selbst mit aufschreiben und mündlich dazu erklären, erlebe ich immer wieder, dass einige es trotzdem vergessen oder noch mal nachfragen.
Schriftlich
Sag den Teilnehmern klar, was sie tun sollen, auch mit Zeitangabe.
1. Jeder notiert sich 3 Punkte zu XY
2. Danach hat jeder 2 Minuten Zeit, seine Punkte vorzustellen und zu erläutern.
3. Anschließend sammelt ihr Lösungsvorschläge und notiert sie auf ein Whiteboard. Dafür habt ihr 5 Minuten Zeit.
Auf der Folie steht dann:
1. Jeder notiert 3 Punkte zu XY
2. Erläuterung – 2 Min.
3. Lösungsvorschläge auf Whiteboard sammeln – 5 Min.
Und bitte sie, dass einer die Aufgabenstellung abschreibt oder abfotografiert!
Genau angeben, wie und wo
Formuliere auch ganz klar, wo sie wie etwas erarbeiten sollen. Ob auf dem Whiteboard oder auf ein Papier schreiben, wie sie einen Screenshot von den Gruppenergebnissen machen (bei Zoom ist es sonst nachher futsch, bei Adobe Connect kann man es fein anschließend zusammen anschauen), wie und wo sie es speichern, hochladen, präsentieren sollen.
Bei Zoom kannst du ja auch entsprechende Nachrichten in die Räume schicken, nur übersehen das leider viele Teilnehmer. Daher vorher auch darauf hinweisen.
Und beispielsweise, wenn jeder TN 2 Minuten Redezeit hat, alle 2 Minuten eine Nachricht schicken: Der nächste ist dran!
Und kurz vor Ende: In einer Minute hole ich euch zurück!
Beispiele
Ich merke schon, ohne konkretes Thema ist es nicht so einfach darzustellen. Also nehme ich mal ein paar Beispielthemen vor aus meinem früheren Seminarangebot.
Thema Prüfungsangst
Ich habe in einem kurzen Input verschiedene Formen von Prüfungsangst vorgestellt. Es gibt tatsächlich nicht nur „die Angst vor der Prüfungssituation“, sondern die lässt sich noch untergliedern, wie Angst vor dem Prüfer, Angst vor einem Blackout, Angst vor der Blamage bei Versagen usw.
Dann könnte eine Aufgabenstellung sein:
*Welchen Aspekt von Prüfungsangst kennst du selbst persönlich?
Wie äußert sich diese? Beschreibe genau die Symptome.
Was hast du unternommen, um diese Angst zu überwinden?
Thema Zeitmanagement
Was sind eure größten Zeitfresser?
Notiert auf dem Whiteboard eure bekanntesten Zeitfresser. Jeder setzt einen Punkt (Stern) neben das Stichwort, das auf ihn auch zutrifft.
Anschließend wählt ihr euch den aus, der die meisten Punkte hat und kommt damit zurück ins Plenum.
Thema Motivation
Sammelt jeder 3 Dinge, wo ihr keinerlei Motivationsprobleme habt, sondern hochmotiviert seid und 3 Dinge, wo euch Motivation fehlt.
Jeder notiert sie auf einem Blatt und ihr habt 10 Minuten, um euch in der Gruppe darüber auszutauschen.
Bei so konkreten Aufgabenstellungen ist die Chance groß, dass in der Gruppenarbeit auch wirklich etwas sinnvolles passiert, die Teilnehmer etwas lernen und erarbeiten.
Im nächsten Beitrag geht es dann darum, wie die Gruppenarbeit selbst gestaltet werden kann und im übernächsten darum, wie die Ergebnisse abwechslungsreich präsentiert werden können.
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