Eine meiner Teilnehmerinnen fragte mich aus aktuellem Anlass, wie man bei Live-Online-Seminaren mit großen Gruppen auch interaktiv agieren könnte.
Meine Trainings und Schulungen führe ich nur mit kleinen Gruppen durch, damit wirklich intensives gemeinsames Arbeiten möglich ist. Trotzdem kann es Veranstaltungen geben, bei denen viele Teilnehmende dabei sind. Bei Info-Web-Seminaren zum Beispiel wünschen wir uns ja auch möglichst viele Teilnehmende. Aber es können auch Trainer-Treffen, Regionalgruppen-Meetings oder andere Formate sein, wo durchaus an inhaltlichen Themen gearbeitet wird, gleichzeitig aber mehr teilnehmen als in einem Seminar.
Wie kann ich auch in solchen Live-Online-Seminaren interaktiv mit den Teilnehmern arbeiten?
Ich zähle hier verschiedene Formate auf- und Sie kennen es schon von mir – , dabei fange ich mit den gebräuchlichsten und „normalen“ an und steigere mich dann zusehends zu ungewöhnlicheren Methoden, an die Sie bislang vielleicht noch nicht gedacht haben oder die Sie noch nicht kennen.
[Tweet „Live-Online-Seminare mit großen Gruppen interaktiv gestalten“]
Überblick
Ziel der Teilnehmer-Aktivität
Tools und Methoden
Chat
Umfragen
Vorbereitete Folien
Whiteboard
Einzelarbeit
Methoden, bei denen die Gruppengröße egal ist
Ziel der Teilnehmer-Aktivität
Bevor Sie eine Methode auswählen, sollten Sie erst einmal überlegen, was ist Ihr Ziel? Geht es um vertieftes Erarbeiten und Ausarbeiten eines Themas oder geht es vor allem darum, auch mit einer großen Teilnehmerzahl Methoden einzusetzen die eine Alternative zu einem reinen PowerPoint-Vortrag darstellen, damit die Teilnehmer wach bleiben, Spaß haben und etwas vom Thema mitbekommen.
Wenn Sie nur 60-90 Minuten zur Verfügung haben und es keine fortlaufende Schulung mit mehreren Live-Online-Seminaren ist, müssen Sie sich wahrscheinlich auf den zweiten Aspekt beschränken.
Dann wählen Sie solche Methoden aus, in denen die Teilnehmer gleichzeitig (oder jeder für sich) mitdenken und mitagieren können, ohne dass das anschließend im Detail besprochen wird. Endlose Runden sind dann nicht möglich, sonst ist das halbe Live-Online-Seminar schon vorbei.
Damit die Teilnehmer sich während des Live-Online-Seminars nicht langweilen und anschließend mit einem guten Gefühl beenden, reicht es, wenn sie immer wieder mit einer kleinen Aktion und Übung mit einbezogen werden. Auch wenn nicht jeder ausführlich zu jedem Punkt etwas sagen kann.
Es ist trotzdem schon um Klassen besser als viele der Web-Seminare, die so im Netz angeboten werden, wo jemand einen Monolog hält, die immer gleichen Folien zeigt und die Teilnehmer am Ende im Chat noch Fragen stellen „dürfen“.
Hier zeige ich Ihnen nun einige Tools und Methoden, mit denen Sie Ihre Teilnehmer immer wieder aktivieren können.
Tools und Methoden
Chat
Auf wie vielfältige Weise Sie den Chat nutzen können, habe ich schon in einem sehr ausführlichen Beitrag geschrieben, daher verlinke ich hier nur dazu. Es gibt nämlich weitaus mehr als zu sagen: „Wenn Sie Fragen haben, schreiben Sie diese in den Chat.“
Chat in Live-Online-Seminaren kreativ nutzen
Nur einen Punkt will ich hier schon erwähnen:
Wenn 50 oder 100 Leute zu einer Frage in den Chat schreiben, können Sie natürlich nicht alle vorlesen. Greifen Sie ein paar Beispiele heraus, sagen Sie: Moment, ich schaue mal kurz in den Chat- und lesen dann einige Beispiele vor. Sagen Sie auch: Ich kann jetzt nicht alle vorlesen, aber hier einige Beispiele…
Umfragen
Alle Webinar-Plattformen haben eigene Umfragetools. Dort können beliebig viele Teilnehmer zeitgleich teilnehmen und anschließend können Sie das Ergebnis veröffentlichen. Bei edudip erscheint es beispielsweise als bunter Kuchen, bei anderen Plattformen werden die Prozentzahlen angezeigt.
Erfahrungsgemäß macht es dein Teilnehmern Spaß, doch mehr als 1-2 mal innerhalb eines Live-Online-Seminars sollte man die Methode nicht einsetzen, dann wird es langweilig.
Es gibt Umfragen, bei denen die Teilnehmer nur eine Antwort wählen können und andere Formen, in denen sie mehrere Antworten auswählen können.
Ob und wie eine solche Umfrage Spaß macht, hängt natürlich auch ein wenig vom Thema und von der Fragestellung ab.
Wenn Sie beispielsweise sehr provokative Fragen stellen oder witzige, wird das die Atmosphäre sicher beleben.
Weiterarbeit
Und dann kommt es auch darauf an, was Sie daraus machen.
Zeigen Sie nur die Ergebnisse und gehen zur Tagesordnung über? Oder gehen Sie in irgendeiner Weise darauf ein? Hat die Umfrage irgendwelche Konsequenzen für den weiteren Verlauf des Live-Online-Seminars?
All das spielt eine Rolle, wie diese Methode innerhalb des Live-Online-Seminars von den Teilnehmern wahrgenommen wird und ob es sinnvoll ist, sie einzusetzen. Nur als Lückenfüller oder Aktivitätsmethode, ohne dass es einen inhaltlichen Sinn macht, sollten Sie diese Methode nicht nutzen.
Vorbereitete Folien
Sie können in Ihrer PowerPoint auch einzelne Folien vorbereiten und einbinden, die weitere Aktivitäten der Teilnehmer ermöglichen.
Die Möglichkeiten sind hier unzählige, daher zeige ich nur einige als Beispiel. Wenn Sie an Ihre bisherigen Präsenzseminare denken und schauen, wie haben Sie dort das Thema mit Flipchart oder Moderationskarten oder was auch immer durchgeführt? Und wie können Sie das auf das Live-Online-Seminar übertragen? Dann fallen Ihnen da sicher noch mehr Beispiele ein.
Beispiele
Mit dem Pointer zeigen
Sie zeigen eine Landkarte und die Teilnehmer zeigen mit dem Pointer, wo sie gerade sind.
Dabei ist es gleich, ob da 20 Pfeile über die Landkarte zittern oder 50. Sie bekommen auf jeden Fall einen Eindruck, wie die Teilnehmer überall verteilt sind. Das macht einfach auf schöne konkrete sinnliche Weise deutlich, wie toll Online-Seminare sind. Weil man so leicht zusammen kommen kann, ganz gleich, wo man wohnt.
Etwas ankreuzen
Sie können Folien vorbereiten mit verschiedenen Feldern zur Auswahl. Dort steht entweder ein Stichwort oder es ist eine Tabelle oder es sind vier Felder. Die Teilnehmer setzen ein Kreuz, das zu Ihrer Frage passt.
Sie können mit solchen Methoden Erfahrungen der Teilnehmer abfragen, Wünsche und Erwartungen, aber auch Meinungen und Standpunkte. Alles, was zu Ihrem Seminarthema passt.
Hier zwei Beispiele:
Bitte mache ein Kreuz unter die Aussage, die auf dich zutrifft:
Bitte setze ein Kreuz in die Felder die auf dich zutreffen.
(Alternativ: die Namen reinschreiben oder nur die Anfangsbuchstaben, wenn es sehr viele Teilnehmer sind)
Etwas umkringeln
Bitte umkringele mit dem Stift die Aussagen, die auf dich zutreffen. Ergänzungen bitte in den Chat schreiben.
Etwas auswählen
Das können Folien mit verschiedenen Aussagen sein oder Fotos oder Grafiken oder was auch immer. Dazu stellen Sie eine Frage, nach der jeder Teilnehmer beispielsweise ein Foto auswählen soll.
Ganz einfaches Beispiel für den Einstieg:
Wie geht es dir im Moment? Welches Foto/ welcher Gegenstand/ welche Landschaft drückt das am besten aus?
Weiterarbeit
Je nach Größe der Gruppe kommt jeder nach und nach dran, zeigt mit dem Pointer auf das Bild und sagt einen Satz dazu.
Bei sehr großen Gruppen schreibt jeder in den Chat: Gegenstand (oder Bild) und dahinter seinen Satz.
Beispiel
Kamel- ich fühle mich gerade sehr erschöpft, weil ich so viel mit mir herumschleppe an Arbeit und Gedanken.
Smiley – ich bin gut gelaunt und mich kann grundsätzlich nicht so schnell was verdrießen.
Whiteboard
Normalerweise unterscheide ich kaum zwischen Whiteboard und Folien, da ich auf beiden gleichermaßen schreiben und agieren kann. Ich kann in meine Power Point ja auch leere Folien einbauen, dann sind sie integriert.
Aber die meisten Webinarplattformen haben eigene Whiteboards, bei edudip heißt es „Zeichenfläche“.
Das kann ich jederzeit während des Live-Online-Seminars freischalten, zum Beispiel für ein Brainstorming.
Bei sehr großen Gruppen wird das Whiteboard bei einem Brainstorming natürlich schnell voll. Das ist in einem Präsenzseminar aber nicht anders. Da blättern Sie dann das Flipchart um oder nehmen eine neue Pinwand.
Im Webinar nehmen Sie eben eine zweite und dritte Zeichenfläche. Das macht aber sicher nur Sinn, wenn es ein längeres Seminar ist und die Teilnehmer anschließend in einem Forum mit den Ergebnissen weiter arbeiten können.
[Tweet „Auch mit großen Gruppen kann man am Whiteboard arbeiten #Live_Online_Seminare #Teilnehmeraktivierung“]
Alternativen:
Mehrere Gruppenräume
Wenn Sie eine Plattform nutzen, die mehrere Gruppenräume hat (beispielsweise Adobe Connect), können diese dann parallel in kleineren Gruppen arbeiten. Das können auch mal nur 10 Minuten sein mit einer ganz klaren Aufgabenstellung.
Die Gruppen schreiben auf ihr jeweiliges Whiteboard und im Plenum stellt einer der Gruppe die Ergebnisse kurz vor. Wie im Präsenzleben.
Aufteilen
Wenn Sie aber nur einen Plenumsraum haben, können Sie die Gruppe auch aufteilen. Die eine Hälfte sammelt auf dem Whiteboard, die andere im Chat.
Einzelarbeit
Ich habe es vor allem in Live-Online-Seminaren erlebt, wo es um innere Arbeit ging, es lässt sich aber auf alle anderen Themen übertragen.
Sie geben den Teilnehmern eine Aufgabe, zum Beispiel zu einer Frage etwas zu sammeln und diese schreiben es jeder für sich auf ein Blatt Papier. Sie halten in der Zeit den Mund, sagen nur vorher:“Sie haben 5 Minuten Zeit“ oder „Wenn Sie fertig sind, geben Sie bitte ein Zeichen (es gibt Teilnehmer-Emoticons, mit denen sie etwas ausdrücken können. In diesem Fall wäre es ein Häkchen oder Daumen hoch, was „fertig“ bedeuten soll).
Beispiel
- Welche negativen Glaubenssätze kennen Sie zum Thema Geld? Was fallen Ihnen für Sprüche ein, die Sie vielleicht schon als Kind von Ihren Eltern gehört haben? Welche Sätze sagen Sie sich vielleicht selbst?
- Welche Methoden fallen Ihnen ein, mit denen Sie auch die Kinästheten in Online-Seminaren abholen können?
- Was sind die wichtigsten 3 Ziele, die Sie sich für dieses Jahr gesetzt haben?
So in der Art. Die Fragen können der Selbstreflexion dienen, es können aber auch reine Wissensabfragen sein.
Dann können Sie anschließend auf einer Folie die Ergebnisse präsentieren und jeder kann für sich alleine prüfen, was er noch wusste und was nicht. Das bekommt niemand mit, was sicher ein Vorteil ist.
Weiterarbeit
Bleiben wir mal bei dem Beispiel mit den Glaubenssätzen.
Die Teilnehmer haben nun eine Liste mit negativen Glaubenssätzen notiert, dann erläutern Sie den nächsten Schritt:
Auf die rechte Seite oder ein neues Blatt soll nun jeder seine negativen Sätze in positive umwandeln. In solche, die ihn ermutigen und nicht blockieren.
Dazu geben Sie erst einmal ein paar Beispiele.
Auch diese Übung machen die Teilnehmer dann alleine.
Abschluss
Sie können dann fragen, ob jemand ein Beispiel vortragen möchte. Das ihm selbst ein Strahlen ins Gesicht zaubert – das kann dann andere inspirieren.
Oder wenn jemand eine Frage dazu hat, mit irgendetwas nicht klar kam.
Auch davon können alle profitieren, ohne dass jeder alles vortragen musste.
Erinnern Sie sich an Ihre Präsenzseminare. Auch da ist es nicht nach jeder Übung sinnvoll oder möglich, dass jeder seine Ergebnisse im Detail vorträgt.
Methoden, bei denen die Gruppengröße egal ist
Es gibt etliche Methoden, die Sie auch in Präsenzseminaren „frontal“ durchführen, ohne dass sie langweilig sind.
Das sind beispielsweise Fantasiereisen und Entspannungsübungen. Da ist es vollkommen gleichgültig, ob Sie nur eine Teilnehmerin haben oder 100. Sie tragen die Fantasiereise vor und alle machen mit.
Das gleiche trifft auf alle Bewegunsspiele und Übungen vor, die Sie am PC machen können. Ich mache mit meinen Teilnehmern Yoga am PC und Spiele und Tänze, die ich auf meiner DVD habe.
Selbst das ABC, bei dem man laut das Alphabet liest und je nach Buchstaben den linken oder rechten Arm bewegen muss – jeder macht es vor seinem PC und die Gesamtzahl ist dabei vollkommen gleichgültig.
So, ich denke, das sind erst einmal genug Anregungen und ich freue mich auf weitere Ideen von Ihnen, die Sie hier drunter gerne teilen dürfen!
schöne Anregungen! Danke!