Was ich an kreativem Denken so toll finde, ist die Tatsache, dass es auch in allen möglichen Alltagssituationen hilft. Nicht nur, wenn ich mich hinsetze und mit einer Kreativitätstechnik ein konkretes Thema bearbeiten will.
Wenn man so ein gewisses kreatives Grunddenken trainiert und sich so allmählich angewöhnt, dann hilft es einem auch aktuell in der Not.
Hier möchte ich dir ein Beispiel verraten, das mir meine Kunden und Teilnehmer sicher verzeihen. Es stammt aus den Zeiten, als ich noch Präsenzseminare durchführte und da hatte ich das große Problem:
Wie ich wohl früher schon mal schrieb, brauche ich meinen Mittagsschlaf. Lange Zeit hatte ich ein schlechtes Gewissen, bis mir diverse Bücher mit Beispielen von berühmten Persönlichkeiten Mut machten, dazu zu stehen.
Ich weiß einfach, dass ich in einem Seminar oder bei jeglicher Arbeit nachmittags viel schlechter bin, wenn mir der Mittagsschlaf fehlt.
Der muss nicht lang sein, ich muss auch gar nicht wirklich schlafen, aber ich muss mich komplett hinlegen können. Und 10-15 Minuten loslassen. Alle Muskeln, alle Gedanken loslassen, es fühlt sich eher wie ein „Kurz-Koma“ an.
Wenn ich das nicht habe, verknotet sich meine Zunge, ich kann mich schwer konzentrieren, es ist alles total anstrengend. Da hat niemand was von.
Also musste ich hier eine kreative Lösung finden.
Denn anders, als ganz früher bei meinen 5-tägigen Lehrerfortbildungsseminaren sind die Mitarbeiter aus Unternehmen keine langen Mittagspausen gewohnt.
Und in Seminaren fing dann auch noch die elende Diskussion an, ob man nicht die Mittagspause kürzen könnte und dafür abends früher aufhören? Das ist vor allem für die attraktiv, die nicht im Hotel schlafen, sondern nach Hause fahren.
Oder überhaupt die Mittagspause kürzen und dafür Freitag früher aufhören? Solche Diskussionen, ätzend!
Um hier Frust und Streit auf beiden Seiten zu verhindern, kam ich dann auf folgende Idee – für meine Seminare zum Thema „Kreativitätstechniken“.
Das Passende selbst erfinden
Ich habe eine passende Methode erfunden, die die Teilnehmer nach dem Mittagessen für eine halbe Stunde nach draußen schickte, wo sie Aufgaben erfüllen mussten. (Es ist eine Variante der „Reizwort-Methode“.)
In der Zeit konnte ich mich ins Bett oder im Seminarraum auf den Boden legen (auch da war ich sehr kreativ, wo ich schon überall gelegen habe: In einem Friseurstuhl, auf einem Regal…) und sie dann erfrischt und munter empfangen. Zur Fortsetzung der Methode „Kreativität in der Stadt“ oder „Kreativität in der Natur“ – je nachdem, wo sich das Tagungshaus befand.
Sie haben Reizworte zu einer Fragestellung während ihres Spaziergangs gesucht und notiert, vorher gab es noch die Aufgabe, 10 Minuten ohne Plan drauf los laufen, sich von der inneren Stimme führen lassen.
Das alles konnte nachher auch noch – neben der eigentlichen Methode – thematisiert werden. Denn das war für viele total ungewohnt und hat so manches Aha-Erlebnis ausgelöst.
Und nebenbei:
Diese Methode war oft in Seminaren der Hit! Das, was als Notlösung für mich gestartet war, entpuppte sich auch als wertvoll für die Teilnehmer. Das freut mich natürlich doppelt.
Ein ermutigendes Beispiel
Das war ja jetzt nur ein Beispiel. Inzwischen gebe ich ja seit Jahren nur noch Online-Seminare, da kann ich das mit meiner Mittagspause eleganter lösen, da ich selten ganztägige Online-Seminare habe. (Das ist nur bei manchen Inhouse-Seminaren so).
Was ich dir damit zeigen wollte ist zweierlei:
- Deine eigenen Bedürfnisse ernst nehmen
2. Dazu eine kreative Lösung suchen, die für alle eine Win-Win-Situation darstellt.
Vielleicht hast du ein ähnlich tolles Beispiel, teile das gerne mit uns im Kommentar.
P.S.
Und ich bin jetzt mal ganz ganz ehrlich 😀.
Auch dieser Blogbeitrag ist ein Beispiel, wie Not erfinderisch macht.
Nächste Woche gehe ich nämlich für drei Wochen in eine Reha und bin daher immens unter Zeitdruck. Bis dahin will ich noch so viel fertigbekommen, nicht nur die ganzen Newsletter vorschreiben, sondern auch noch eine Challenge fertig vorbereiten, die sofort danach startet und zwei Seminare, die auch bald danach starten. Das ist also ganz schön eng.
Und neulich bin ich über diesen uralten Blogbeitrag gestolpert von 2012 (damals gab ich noch Präsenz-Seminare) und dachte, der ist klasse, passt wunderbar zum Thema Kreativitätstechniken und bestimmt erinnert sich niemand von meinen Uralt-Lesern an diesen Beitrag.
Zumal Wiederholungen ja auch einen Lerneffekt haben.
Also habe ich ihn nur ein wenig überarbeitet und aktualisiert und hier ist er nun!
Hallo Zamyat,
das ist eine schöne Geschichte!
Hast Du diese Methode „Kreativität in der Stadt / Natur“ irgendwo ausführlicher beschrieben? Finde ich spannend…
Danke für all deine schöne Ideen
Cordula
Liebe Cordula,
leider habe ich die Methode nicht schriftlich parat (ist noch in keinem meiner Bücher) und leider habe ich jetzt so kurz vor der Reha auch überhaupt keine Zeit, das noch rauszukramen und für dich aufzuschreiben.
Wie ich oben schon beschrieben habe, habe ich sie losgeschickt mit der Maßgabe, 10 Minuten ohne Plan loszugehen, sich von der inneren Stimme oder sonst was führen lassen, dann stehen bleiben, sich umschauen und 5 Dinge notieren, die sie sehen (das sind dann später die Reizworte).
Dann wieder 10 Minuten zurück und ab ins Seminar.
Dort haben sie dann ihre konkrete Fragestellung mit Hilfe dieser Reizworte bearbeitet.
(Die Reizwort-Methode findest du sicher irgendwo im Netz beschrieben :-)).
Der Geck war einfach das laufen nach der Mittagspause, weil das die Kreativität ja auch zusätzlich anregt.