(Bild: Zamyat M. Klein)

Wenn ich so auf mein Leben zurückblicke (ja, in meinem Alter macht man das hin und wieder J), dann sehe ich eigentlich beide Tendenzen.

Es gibt schon einen roten Faden, eine gewisse Kontinuität in dem, was ich so treibe, vor allem beruflich.
Innerhalb dessen gibt es aber immer wieder Veränderungen und Neuanfänge und teilweise auch sehr radikal.

Wahrscheinlich ist so eine Mischung auch gerade gut, kommt mir spontan in den Sinn.

Es gibt aber auch Menschen, die sehr stark zu einer Richtung neigen.
Die ihr Leben lang an den gleichen Gewohnheiten und Ritualen festhalten und die es bedrohlich finden, wenn das einmal durchbrochen wird.

Routine kann auch schön sein

Und andere, die scheinbar planlos hierhin und dorthin springen.

Und dann kenne ich Kolleginnen (ich habe da auch ganz konkrete im Sinn), die immer, wenn sie ein super Projekt, Seminar, Angebot angeboten haben, das toll gelaufen ist und für das ich sofort neue Kunden mit Begeisterung werben würde, das schlagartig fallen lassen, weil sie wieder was Neues entwickeln wollen. Da könnte ich immer schreien und denke: „Mensch, das ist doch so super gelaufen und ein wirklich tolles Programm. Warum bietest du das nicht noch öfter an – und sparst dir einen Haufen Arbeit und Zeit?“

Ich vermute mal, sie langweilt das einfach (aber nach einem Mal???)
Oder sie sind von irgendwas getrieben, keine Ahnung.

Öfter mal die Farben neu mischen

1. Reflexionsfrage: Was für ein Typ bist du?

Schau doch erst einmal ganz spontan, welcher Typ du wohl bist. Vielleicht machst du dir auch schon mal kurz ein paar Stichworte, was dir dazu so einfällt.

Wie oft hast du deine Jobs gewechselt? Als Trainer*in deine Seminarthemen verändert? Radikale Veränderungen gewagt oder eher bei deiner Zielgruppe oder deinem Thema geblieben?

2. Veränderungen

(Junk Journal Karte von Zamyat M. Klein)

Sicher ist es auch ein Unterschied, ob man bewusst Veränderungen initiiert oder man von außen dazu gezwungen wird. So wie ich durch eine Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit geraten bin – und nun über 30 Jahre geblieben bin.

Oder wie jetzt durch Corona viele dazu gezwungen wurden, sich auch auf Online-Seminare einzulassen, obwohl das nie ihr Wunsch war.

Da ist dann die Frage, WIE man dann mit diesen aufgezwungenen Veränderungen umgeht. Denn auch diese kann ich als Chance ergreifen und mich dann voll darauf einlassen, oder zähneknirschend und dem Alten hinterherjammernd erleiden. (Ein bisschen extrem formuliert).

Planst du notwendige Veränderungen bewusst? Wie bereitest du dich darauf vor? Freust du dich darauf? Fieberst du voller Neugierde auf das, was dich erwartet? Auf deine neuen Erfahrungen und Erlebnisse, das Weiterlernen und –entwickeln, das zwangsläufig damit einhergeht?

3. Eigene Beispiele

Erzwungene Veränderungen

Wenn ich so grob schaue, dann war es bei mir auch hier wohl immer eine Mischung. Es gab Veränderungszwänge von außen, zwei fallen mir spontan ein. Die schon erwähnte Arbeitslosigkeit nach meinem 1. Job, wo ich 11 Jahre angestellt war, bis all diese Maßnahmen gestrichen wurden (Arbeit mit ausländischen Jugendlichen und die Fortbildung von Lehrern und Ausbildern in diesem Bereich).

Da bin ich sofort gestartet mit Seminaren, die ich über alle möglichen Bildungswerke und Vereine anbot und eigenen offenen Seminaren in meinem Wohnzimmer: „Wege zu Selbst – Yoga und kreative Selbsterfahrung“. Ich habe sogar noch die ersten selbst gebastelten Flyer – und ich muss sagen, was ich da gemacht habe, würde ich heute noch genauso machen. Ein tolles Konzept.

Und die letzte große einschneidende Veränderung war mein Autounfall in der Türkei, der mich ein halbes Jahr aus dem Leben schmiss. Danach habe ich mich dann entschieden, nur noch Online-Seminare zu machen und alle Kooperationen für Präsenzseminare zu kündigen. Das hatte allerdings schon länger in mir geschwärt, ich hatte mich nur nicht getraut. Der Unfall und seine Folgen haben es mir leichter gemacht, nun hatte ich eine offizielle gute „Ausrede“.

Roter Faden

Der rote Faden ist bei mir, dass ich von Beginn an bis heute mit Menschen arbeite, Seminare und Workshops gebe und als Trainerin und Coach und Autorin arbeite.

Die Themen haben sich nur insofern verändert, als ich mich von meinem Bauchladen verabschiedet habe und auf zwei Themen konzentriert und spezialisiert habe.

Wobei mein Bauchladen auch gar kein so richtiger war, da die Themen schon sehr eng miteinander verbunden waren und immer auf die Zielgruppe Lehrer und Trainer abzielte:
Lernblockaden, Prüfungsangst, Lerntechniken, Lernen lernen, Motivation, Zeitmanagement, Stressbewältigung – und immer schon auch Kreativitätstechniken. Dann noch Spezialitäten wie einige Jahre lang Seminare für Kitas: „Fantasiereisen mit Kindern“, „Yoga und Entspannung mit Kindern“ und „Spieleketten“.

Nun steht überall: Train the Trainer und Kreativitätstechniken.

Doch da kann ich all das Wissen integrieren und die Themen einbauen, die ich in den früheren Teil-Themen angeboten habe.

Geplante Veränderungen

Grundsätzlich kann ich beobachten, dass ich in einem Punkt sehr konsequent war: Wenn etwas nicht mehr stimmte oder passte, habe ich einen radikalen Schlussstrich gezogen. Auch wenn ich jedes Mal Schiss hatte, weil ich nicht wusste, wie es weitergeht. Aber in der Hoffnung und auch mit der Überzeugung, wenn ich etwas Altes, das nicht mehr stimmt loslasse, schaffe ich Platz für Neues.

Und die Erfahrung zeigt, dass es wirklich jedes Mal hingehauen hat. Es kam immer etwas Neues und auch Besseres. Trotzdem braucht es natürlich immer wieder aufs Neue auch von mir Mut, diese radikalen Schritte zu gehen. Aber dann hilft es mir, mich an meine bisherige Erfahrungen zu erinnern und den Spruch meiner alten Freundin und Kollegin Doro hervorzuholen: „Der Affe muss den alten Ast loslassen, eher er auf den neuen springen kanne.“

Was habe ich alles beendet und losgelassen? Hier einige Beispiele:

Die Kita-Fortbildung, die mir riesigen Spaß gemacht hat, aber nicht so toll honoriert wurde. Als das Honorar dann noch gesenkt werden sollte habe ich gesagt: „No!“

Als ich bei einem großen Firmen-Auftrag mitgemacht habe, wo bundesweit ein großer Konzern seine Mitarbeiter schulen wollte und alle das gleiche, von anderen vorgefertigte Konzept, durchführen mussten. Das habe ich 15 mal gemacht und vor der zweiten Runde gesagt: „Ohne mich!“ Das war nix für mich, ein Konzept runterzunudeln, jeden Tag das Gleiche, ob es nun gerade passte oder nicht. Das war für mich der Horror.

Es gibt da noch unzählige mehr, das letzte große Beispiel war eben die Kündigung aller Präsenzseminare und die Entscheidung, nur noch Online-Seminare anzubieten.

Aktuelle Veränderung

Und nun steht tatsächlich schon wieder eine Veränderung an. Ich führe gerade zum letzten Mal meine Online-Trainer-Ausbildung durch (es ist die 30.te!) und ändere dann vollständig das Konzept und das Format. Auch das erfordert Mut von mir, aber diese Veränderung habe ich nicht nur bewusst geplant, sondern auch schon alle Vorkehrungen getroffen (die noch zusätzlich Mut erforderten).

Ich habe mir nämlich zwei Monate komplett blockiert, wo ich keine Aufträge annehme, damit ich Zeit habe, dieses neue Konzept zu entwickeln. Inzwischen sind es sogar schon fast drei Monate, weil ich noch eine radikale Entscheidung letztes Wochenende getroffen habe: Ich werde im Herbst tatsächlich wieder Urlaub in meinem Paradies in der Türkei machen! Obwohl ich immer gesagt habe, ich entscheide das spontan, schau erst mal, wie sich das mit Corona entwickelt. Obwohl ich noch das Unfall-Trauma in den Knochen habe, Höllenangst vor der Fahrt vom Flughafen zum Hotel habe (wo der Unfall passiert war), eigentlich genau da mit meinem neuen Kurs beginnen wollte, den ich nun einfach nach hinten verschoben habe.

Aber ich bin dann zwei Mal geimpft und habe dann seit 3 Jahren keinen Urlaub gehabt. Erst ein Jahr mit Unfallfolgen gekämpft, dann gearbeitet wie eine Wahnsinnige.

Also bin ich in mich gegangen, habe nachgespürt, mich mit meiner Erfolgspartnerin beraten (sie ist ein Schatz!) und dann war es klar! Das gönne ich mir. Und es ist absolut notwendig, damit ich weiter so powern kann.
Habe den Flug gebucht, die Hotels gebucht (ich teste erst eine Woche ein neues, dann weiter in meinem alten Hotel, habe auch „mein Zimmer“ wieder bekommen).

Ich kann nur sagen: Das setzt dermaßen viel Energie frei! Endlich wieder so einen Lichtpunkt, auf den ich mich freuen kann. Ich brauche das, zu wissen, zwei Mal im Jahr bin ich weg hier, an einem anderen Ort, in der Natur, immer draußen, mit Abstand vom Alltag, in einer anderen Kultur und Umgebung. Das sind Steine im Fluss, die es mir leichter machen, jetzt optimal reinzuklotzen und mein Bestes zu geben. Jubeltirallala!

Und privat

Privat habe ich auch immer wieder radikale Veränderungen ganz bewusst umgesetzt. Wenn eine Beziehung nicht mehr stimmte, habe ich sie beendet, auch wenn ich nicht wusste, ob und wie ich mit dem Alleinsein klarkomme.

Wenn eine Wohnsituation nicht mehr gut war (WGs und andere), dann habe ich den absoluten Horror eines Umzugs auf mich genommen.

Es hat sich immer gelohnt!

4. Bist du ein Routine- oder Risikotyp?

Wenn du eben auf meine erste Frage für dich schon Antworten gesammelt hast, wie siehst du dich dann selbst? Bist du kontinuierlich bei einer Sache geblieben. Oder fehlt dir ein roter Faden im Leben?

Liebst du bestimmte Routinen und Rituale? Geben sie dir Sicherheit? Oder engen sie dich ein? Brauchst du ständig Abwechslung? Wie verschaffst du sie dir?

Beides ist ok

(Bild: Zamyat M. Klein)

Es gibt bei diesem Thema überhaupt kein richtig oder falsch. Der einzige Maßstab ist, wie es dir damit geht. Ob du dich damit wohl fühlst und ein erfülltes Leben führst. Was für hochtrabende Worte. Aber im Kern geht es darum.

Es gibt auch kein Entweder – Oder. Es gibt Bereiche, da finde ich Routinen ausgesprochen angenehm und hilfreich. Es gibt sogar Dinge, wo ich mir bewusst eine Routine antrainieren will, weil es mir das Leben leichter macht. Wie jeden Morgen Yoga machen oder jeden Tag meine Runde drehen.

Ich fahre seit Jahrzehnten an den gleichen Urlaubsort, weil ich da einfach das Paradies gefunden habe. Es nimmt mir sehr viel Stress, dass ich weiß, wie und wo alles ist – und auf der Grundlage kann ich dann durchaus auch völlig neue Dinge erkunden. Auch im Urlaub entwickle ich manche Routine, die ich aber jederzeit wieder umschmeißen kann und im nächsten Jahr ganz neue einrichten.

Schlimm wird es nur, wenn Routinen und Rituale zu Zwängen werden. Wenn sie nicht mehr hinterfragt werden, und man sich selbst oder sogar noch andere damit in ein Korsett klemmt. Das geht mir dann total auf den Senkel.

Gerade im Urlaub erlebe ich das bei anderen Gästen extrem. Wie ich kommen viele dort schon seit Jahren und Jahrzehnten hin und manche haben gerade zwanghafte Gewohnheiten. Da wird immer um xy Uhr gegessen und es ist völlig unmöglich, sie dann zu einer Wanderung oder anderem zu bewegen, weil sie es eben „immer so machen“. Uahhhh!

Und es gibt Gewohnheiten und auch schrullige, über die ich einfach lächele und sie ganz rührend finde.

So isses!

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