„Dann soll es wohl nicht sein“
Es gibt ja so einige „Eso-Sprüche“, da stellen sich mir die Nackenhaare auf.
Damit ich nicht falsch verstanden werde, ich habe nichts gegen „Esoterik“ im ursprünglichen Sinne, ich habe mich Jahrzehnte mit Meditationswegen befasst ( erst jahrelang ZEN-Meditation praktiziert, dann ca. 20 Jahre mit Sufi-Mediation befasst und geleitet, also nicht nur ein paar New Age Bücher gelesen).
Aber wenn solche Sprüche kommen, und meist auch ungefragt, da kriege ich inzwischen doch die Krise.
„Dann soll es wohl nicht sein“
Einer dieser Sprüche, der mir gerade wieder begegnete, lautet: „Dann soll es wohl nicht sein!“
Warum reagiere ich da so sauer drauf? Das möchte ich jetzt mal ehrlich untersuchen.
Für mich bedeutet dieser Spruch letztendlich, dass man sich gar nicht anstrengen sollte. Wenn irgendwas nicht direkt klappt, aufhören. Dann sollte es wohl nicht so sein (vom Universum!).
Also bei der kleinsten Schwierigkeit, bei dem ersten Hindernis aufgeben. Oder wenn etwas nicht geklappt hat. Dann soll es wohl nicht so sein.
Das ist natürlich sehr bequem, aber ich glaube nicht, dass das Leben so funktioniert.
Auch wenn ich wie oft propagiert auch „Leichtigkeit“ anstrebe (es darf auch leicht gehen – das finde ich einen sehr schönen Satz), so denke ich, dass es doch auch Situationen gibt, wo wir uns etwas anstrengen müssen und dürfen.
Schwebende Bergbesteiung?
Mir kommt da eine Analogie in den Sinn. Wenn ich einen Berg besteigen will, gibt es da sicher Phasen, wo es anstrengend wird. Wo ich ins Schwitzen komme, wo mir die Knochen oder Muskeln weh tun. Trotzdem geh ich weiter. Weil ich die Natur liebe, weil ich auf den Gipfel will, weil ich atemlos die wunderbare Aussicht genieße und stolz wie Oskar bin.
Ich schwebe in der Regel nicht wie eine Elfe auf den Berg, entspannt und ohne jede Anstrengung.
Wann ist es zu viel, wann ist die Anstrengung „richtig“?
Ich gehöre zu den Menschen, die wirklich viel arbeiten, die so doofe innere Glaubenssätze mitbekommen haben, ohne Fleiß kein Preis, (am besten noch mit Schweiß 😏). Diese Glaubenssätze finde ich doof, ich strebe im Gegenteil mehr Leichtigkeit an. Trotzdem überwiegt wohl noch der Teil, der reinklotzt (zum Glück meistens mit Spaß).
Und wenn ich mal wieder das Universum zitiere: Ich glaube, wenn ich mich auch „anstrenge“, um ein Ziel zu erreichen, dann zeige ich dem Universum: „Es ist mir ernst. Ich will diesen Weg gehen, dieses Ziel erreichen.“
Allerdings würde ich eher sagen, ich signalisiere es meinem Unterbewusstsein, was dann Auswirkungen auf meine mentale Haltung und meine Motivation hat.
Scheitern gehört zu jeglicher Weiterentwicklung
Es geht auch gar nicht unbedingt nur um anstrengen, sondern darum, ob ich nach der ersten Schwierigkeit einfach aufgebe. Wenn etwas nicht klappt, dann soll es eben nicht sein und ich probiere was Anderes.
So bin ich nun überhaupt nicht gestrickt. Ich glaube, ich habe eine große Resilienzfähigkeit, wie so ein Stehaufmännchen bzw. –fräuchen.
Ich stehe wieder auf und probiere es noch mal. Wahrscheinlich neu, etwas verändert, verbessert oder auch haargenau noch mal genauso. Das hängt ein wenig vom Thema ab.
Wir hätten heute noch keine Glühbirnen, wenn Edison auch so gedacht hätte. Er hat tausende von Fehlversuchen gestartet, bis es dann geklappt hat. Das passiert im Übrigen bei jeglicher Forschung. Ohne Fehlversuche und Scheitern kann nichts Neues entwickelt werden.
Was hat das mit Kreativität zu tun?
Und so kann ich doch noch elegant den Bogen zum Thema „Kreativität“ schlagen. Auch hier gehört es zu den Methoden, dass ich experimentiere, Dinge ausprobiere, ganz viele Ideen sammele, die nicht alle toll sind.
Manchmal habe ich sogar nicht die richtige Methode für mein Thema ausgewählt. Dann ist genau DAS der Erkenntnisgewinn: Zu diesem Thema, dieser Fragestellung passt die Kreativitäts-Methode xy nicht so gut.
Und dann probiere ich es mit einer anderen. Und lerne daraus und mache viele Erfahrungen.
Zumal es selten so ist, dass ich dann durch den ersten Versuch gar keine Erkenntnisse gewonnen oder gar keinen Gewinn gezogen habe. Teile davon kann ich ganz sicher brauchen und weiterverwerten.
Also, wie siehst du das und was machst du in solchen Situationen?
Ich freue mich über Kommentare, das könnte eine spannende Diskussion sein.
Liebe Zamyat,
ich sehe das ähnlich wie Du. Wenn der Spruch „dann soll es wohl nicht sein“ in meinem Leben einen Platz hätte, wäre mein Leben komplett anders verlaufen.
Ich hätte nie studiert (stattdessen habe ich mir das notwendige Geld dafür mit Ferien- und HiWi-Jobs erarbeitet) und schon gar nicht promoviert. Hätte nie Pionierprojekte durchgeführt. Hätte nie einen Marathon absolviert und die notwendige Zeit fürs Training erübrigt. Wäre nie bei Wintereinbruch bis zum Annapurna Basecamp in 4130 m Höhe gekommen und hätte auf dem Weg dorthin auch das zarte Klirren in den überfrorenen Bambuswäldern nie gehört. Ich hätte nie den Mut gefunden, meinen sicheren Job für den Lebenstraum einer Weltreise zu kündigen, denn Gegenwind für die Entscheidung gab es eine Menge. Und ich wäre heute nicht selbständig.
Ich bevorzuge eher den Glaubenssatz: „Wer weiß, wofür es noch einmal gut ist.“, wenn etwas nicht so verlaufen ist, wie ich mir das gedacht habe. Dann kommt ein Satz zum Tragen, der an der Tür eines früheren Flurkollegen prangte: „Der Unterscheid zwischen Theorie und Praxis ist die Praxis“.
Ich werde also weitermachen und mit Neugierde und Offenheit neues ausprobieren und gestalten.
Frei nach meinem Lebensmotto: „Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann“ (Francis Picabia vor mehr als 100 Jahren).
Herzliche Grüße Elke
WOW, was du alles gemacht hast, klasse!
Wobei ich bei dem Satz: „Wer weiß, wozu es gut ist“ auch schon manchmal innerlich ausgerastet bin:-).
ich denke bei all den Sprüchen kommt es einmal darauf an, ob man sie sich selbst sagt oder jemand anders sie einem vor die Füße wirft und auch sicher auf die Situation.
Wenn man mitten in der Scheiße steckt, mag es einem vielleicht helfen, wenn man es sich selbst sagt. Wenn ich gerade nach meinem schweren Autounfall im Krankenhaus liege und mir jemand diesen Spruch ans Bett bringt, dann hätte ich ihn wahrscheinlich erwürgt ;-). Ging ja nicht, hatte ja beide Arme gebrochen (unter anderem).
Was anderes ist es für mich, im Nachhinein zu schauen (ist natürlich auch leichter):
Der Unfall hat u.a. dazu geführt, dass ich mich getraut habe, komplett auf Online-Seminare umzuschwenken und meine Präsenz-Verpflichtungen zu kündigen.
Aber auch hier denke ich, das hätte ich anders vielleicht auch geschafft und auf angenehmere Weise.
Leichter fällt es mir, wenn zum Beispiel ein Auftrag abgesagt wird. Da bin ich im ersten Moment frustriert („Oh, wie schade!“ oder „Oh, wie doof, ich hätte das Geld brauchen können“), aber da kann ich eher sagen: „Wer weiß, wozu es gut ist“. Denn da habe ich tatsächlich schon mehrfach erlebt, dass dann etwas viel Besseres kam. Wobei, das war eher, wenn ich selbst bewusst etwas gekündigt hatte, wo es einfach nicht mehr stimmte.
Trotzdem ist dieser Satz, wenn man ihn sich selbst sagt, sicher hilfreich, um in eine bessere Verfassung zu kommen und nach vorne zu schauen und Schritte zu tun, um die Hindernisse zu überwinden.
Und oft lernen wir dann ja enorm viel Neues..
In diesem Sinne, kreative Grüße Zamyat
Oh, vielen Dank. Von anderen mag ich den Satz „wer weiß, wofür es gut ist“ ganz bestimmt nicht hören. Schon gar nicht in einer körperlich misslichen Situation wie beispielsweise nach einem Unfall. Das halte ich schlicht für unangebracht.
Ich sage ihn mir hin und wieder selbst. Denn über die Jahre ist eine ganze Menge zusammengekommen, das nicht direkt auf den ersten Blick verwertbar war, in der Summe und dem Zusammenspiel aber plötzlich Sinn macht und einen Vorteil bringt. Der Mut, als Pionierpflänzchen Neues anzugehen kommt eben nicht vom immer die gleichen ausgetretenen Wege nach DIN Norm gehen, sondern durch ausprobieren und verbessern wollen.
Herzliche Grüße Elke
Dann stimmen wir ja auch hier überein! 😉
Frohes Gelingen weiterhin und kreative Zeiten!
Zamyat