eine Übung zur Kreativität und Selbsterfahrung
Heute habe ich eine ganz tolle Übung für dich, wo dir vielleicht sogar schon beim Schreiben der Schweiß ausbricht 😄.
Notiere doch einmal eine Liste (10-30 Dinge!), die du niemals tun würdest.
Du musst sie nachher niemandem zeigen, mach es nur für dich. Wenn du das von vorneherein weißt, bist du vielleicht noch ehrlicher.
Wenn du dir dann später anschaust, was du da notiert hast, kannst du Unterschiedliches damit machen. Das möchte ich aber gerne erst weiter unten beschreiben, damit du dadurch nicht beeinflusst wirst.
Nur so viel: Du musst es 1. niemandem zeigen und 2. geht es auch nicht darum, dass du es vielleicht doch mal machen solltest. In keiner Weise! Es geht um was ganz anderes, aber es würde die Übung kaputt machen, wenn ich es jetzt schon verrate.
Also lass dich drauf ein (tut nicht weh und dauert nur 5 Minuten) und schreibe deine Liste.
(Auch das ist ja schon eine Vorbedingung für Kreativität: Dinge ausprobieren, wo man nicht weiß, was dabei herauskommt, also auch mal ein „Risiko“ eingehen. Darum geht es dann im nächsten Newsletter).
Deine Liste
Das können Dinge sein, vor denen du eine Höllenangst hast, die du einfach nur furchtbar findest, die du peinlich findest oder auch die dir ethisch nie in den Sinn kämen.
Dabei würde ich allerdings solche Dinge gar nicht erst aufschreiben, die so extrem sind wie „jemanden ermorden“.
Also eher Dinge, vor denen du Angst hast, die dir unangenehm sind oder die du einfach blöd findest.
Meine (verkürzte) Beispiel-Liste
Spontan fallen mir für mich solche Dinge ein wie
1. Bunjee-Springen
2. Kletterwand besteigen oder Berg besteigen
3. Kostüm und Pumps tragen
4. Eisbein essen
5. Mich mit Schnaps besinnungslos saufen
6. Taxifahrerin oder LKW-Fahrerin werden
So, das sind jetzt ganz unterschiedliche Beispiele, mit Absicht.
Bevor du weiter liest, schreibe erst deine Liste auf!
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Wie kannst du nun mit der Liste weiterarbeiten
1. Du kannst im ersten Schritt schauen, was dahinterliegt. Also eine Angst oder dass du es einfach nicht magst oder nicht zu dir passt etc. Wie ich es oben kurz vorgemacht habe.
2. Du kannst hingehen und daneben das Gegenteil schreiben, was du stattdessen total gerne machst und dir guttut. Angeregt durch das, was da links steht. Also eine Alternativ-Liste.
Wenn da also ein ekliges Essen steht, schreibst du rechts daneben ein Lieblingsessen oder etwas, das du immer schon mal gerne ausprobieren wolltest.
3. Du kannst aber auch noch was ganz anderes damit machen – rein assoziativ.
Kreativität braucht ja dieses „Gewohnheiten durchbrechen“ und „Neues wagen“.
Gleichzeitig ist die Grundlage vieler Kreativitätstechniken freies und wildes assoziieren.
Mein Beispiel
Ich zeige dir die verschiedenen Varianten an meinen Beispielen, dann wird es einfach konkreter.
1. Was liegt dahinter
- Da hätte ich einfach eine Höllenangst, zumal ich auch noch Höhenangst habe. Ich stelle es mir einfach nur schrecklich vor und käme nie auf die Idee.
- Da hätte ich ebenfalls total Angst und ich kann es körperlich auch gar nicht.
- Mit solchen Schuhen würde ich mir die Hacken brechen, ich habe sie mein Lebenlang nicht getragen und würde es daher auch jetzt nicht mehr beginnen. Kostüm, enger kurzer Rock, als Beispiel für alles, was unbequem ist. Dazu habe ich überhaupt keine Lust, ich will mich in meiner Kleidung wohlfühlen und es würde auch überhaupt nicht zu mir passen.
- Eklig, das würde ich gar nicht runterkriegen.
- Würde mir keinen Spaß machen und sicher auch nicht gut bekommen.
- Bei meiner Angst vorm Autofahren, die seit meinem Autounfall vor 3 Jahren natürlich nicht besser geworden ist, wäre das der Horror für mich schlechthin und absolut undenkbar.
2. Gegenteil-oder Alternativ-Liste
Bunjee-Springen | Auf dem Trampolin hüpfen -Das mache ich ja tatsächlich in meinem Büro, allerdings nur schwingen |
Kletterwand besteigen oder Berg besteigen | Wandern oder spazieren gehen |
Kostüm und Pumps tragen | Bequeme und bunte Kleidung |
Eisbein essen | Italienisch, Französich, Türkisch Essen |
Mich mit Schnaps besinnungslos saufen | ein Glas Rotwein zu einem leckeren Abendessen |
Taxifahrerin oder LKW-Fahrerin werden | Wander-Coaching anbieten |
3. Assoziatives Weiterarbeiten
Ich nehme wieder meine Beispiele.
Bunjee-Springen finde ich wirklich ganz furchtbar und es käme mir nie in den Sinn und ich habe auch keinen Ehrgeiz oder Anlass, daran etwas ändern zu wollen. Es behindet mein Leben ja in keiner Weise, wenn ich das nicht tue.
Darum geht es auch bei dieser Übung gar nicht!
1. Schritt: Freies Assoziieren
Was assoziiere ich mit Bunjee-Springen (dabei spielen dann nicht nur meine Gedanken und Gefühle eine Rolle, sondern auch, was ich mir vorstelle, was andere dabei finden)
Freier Fall
loslassen
springen
Tiefe
Risiko
Adrenalinschübe
Prickeln
Abenteuer
Mut
Schlucht
Schreien
Vogel
leichtsinnig
usw.
Da würde mir sicher noch viel einfallen.
2. Assoziationen nach und nach weiterspinnen und auf mein Leben beziehen
Jetzt nehme ich mir nach und nach die Stichworte meiner ersten Assoziationsliste vor und schaue dann, was sagen mir diese Begriffe. Welche weiteren Assoziationen habe ich dazu, aber auf mein Leben bezogen.
Freier Fall – klingt für mich immer noch nicht sehr positiv, ich hätte schon gerne ein Netz und sicheren Boden. Also einfach nur kopfüber irgendwo reinstürzen liegt mir (inzwischen) eher nicht. Wiewohl ich mich in meinem Leben schon auf viele Abenteuer eingelassen habe. Mit Beduinen durch die Sahara, nach Indien und Nepal, das war alles nicht so ohne.
Da dockt jetzt also nicht Weiteres an, daher lasse ich den Begriff zu Seite.
loslassen – das ist ja ein Schlagwort, das man oft hört und liest. Dass wir loslassen lernen und üben sollen.
Für mich hat es zwei Seiten: Ein Sicherheitsseil oder ein Lenkrad sollte ich tunlichst nicht loslassen.
Aber überholte Glaubenssätze, doofe oder schädliche Gewohnheiten möchte ich gerne loslassen.
(Nun könnte ich hier weiter graben, welche hinderliche Glaubenssätze habe ich – und da es hier um das Thema „Kreativität“ geht, könnte ich das darauf beziehen.)
Oder welche schädlichen Gewohnheiten will ich loslassen? Wobei ich da wohl einen anderen Begriff nehmen würde, nämlich aufgeben und verändern, durch positive ersetzen.
Aber es gibt auch noch andere Arten des loslassens. Nämlich Erwartungen loslassen. Da weiß ich, dass das oft sehr hilfreich sein kann. Erwartungen schränken nämlich oft ein. Mich und mein Gegenüber, falls das in meine Erwartungen einbezogen ist.
Das heißt, offen in eine Situation hineinzugehen, bringt oft sehr viel mehr Erfüllung und Freude als zu konkrete Erwartungen, die dann vielleicht ent-täuscht werden.
Das ist jetzt sehr abstrakt und allgemein.
Ich könnte jetzt schauen, welches Thema, welche Situation steht als nächstes an, wo das Thema „loslassen“ eine Rolle spielt.
Im nächsten Schritt kann ich dann sehen, was kann ich dafür tun, damit es mir da mit dem loslassen gelingt…
Du siehst also, das kann endlos so weiter gehen.
Dabei lerne ich eine ganze Menge über mich selber, komme vielleicht spontan auf konkrete Ideen, erwische einen Punkt, an dem ich ganz konkret weiterarbeiten kann.
Ich bleibe mal beim letzten Beispiel.
Während ich dies hier zu Ende schreibe, bin ich in der Türkei und da übe ich jetzt gerade dieses Erwartungen loslassen ganz bewusst.
Ich kenne hier einige Menschen, die hier in der Nähe leben und die ich mag und gerne treffen würde.
Inzwischen weiß ich aber, dass es mit Türken (oder auch Österreicherinnen :-), die schon lange hier leben und da völlig das türkische Muster übernommen haben) fast unmöglich ist, konkrete Termine zu planen.
Ich schreibe schon ewig vorher, wann ich komme. „Oh wie schön, da freue ich mich!“ Das bedeutet aber keinen Blick in den Kalender oder womöglich Zeit reservieren. (Ich weiß gar nicht, ob Türken überhaupt Kalender haben?? :-))
Wenn ich dann hier bin, schicke ich die nächste WhatsApp oder Nachricht per Messenger. „Wie sieht es aus? Wann können wir uns treffen?“
Antwort: „Diese Woche habe ich ganz viele Termine, es könnte Mitte nächster Woche klappen. Ich melde mich dann.“ Das ist schon extrem konkret. 🙂
Früher war ich dann in Aufruhr, habe mich nicht weit weg gewagt, wo ich kein W-Lan habe und nicht erreichbar bin. Und war dann völlig verkrampft und verärgert.
DAS habe ich inzwischen gelernt. Ich teile meinen Wunsch mit und fertig. Dann mach ich meine Sachen. Und meine Erfahrung ist: Umso weniger ich erwarte und plane, umso öfter klappt es mit Treffen. Ganz entspannt.
Naja, so ganz entspannt auch nicht immer. Gestern kam dann eine Nachricht: „Ich bin da!“ Hä? Warum schreibt sie das nicht vorher? Da musste ich mich etwas hektisch anziehen und zum Cafe eilen…
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Du kannst ja jeden Tag etwas an deiner Liste und deinen Assoziationen weiter schreiben und schauen.
Diese Übung beinhaltet zwei verschiedene Ebenen
1. Lernen auf der persönlichen Ebene / Persönlichkeitsentwicklung / Selbsterfahrung
Du lernst etwas über dich selbst kennen und es tauchen plötzlich Themen auf, mit denen du dich bewusst gerade gar nicht beschäftigt hast. Das kann sehr spannend sein, und ich denke, so ab und zu können wir uns das durchaus noch mal gönnen.
(Die Zeiten der Therapie- und Selbsterfahrungs-Gruppen sind auch bei mir schon lange vorbei, aber ab und zu mal nach innen schauen, schadet mir auch heute nix!)
2. Kreatives Denken üben
Freies Assoziieren und Dinge miteinander verknüpfen, die erst einmal nichts miteinander zu tun haben – und dann auf ein konkretes Thema zu übertragen, ist eine der Grundlagen vieler Kreativitätstechniken.
Und genau das, was wir am meisten üben müssen. Wo es bei vielen klemmt. Weil wir ja gelernt haben, stringent und strukturiert zu denken, sofort in Mustern und Systemen. Und nicht einfach wild drauf loszuspinnen und unsortiert zu notieren.
Und irgendwelchen vernetzten Assoziationen hinterherzuspüren, die erst einmal gar keinen Sinn zu machen scheinen.
Das müssen wir daher regelmäßig trainieren, bis es uns in Fleisch und Blut übergegangen ist. Dann sprudeln wir vor kreativen Ideen, denken um die Ecke herum, schmeißen Ideen nicht vorschnell auf den Müll.
Dann kommen wir auch im Alltag immer schneller zu kreativen Lösungen, wenn wir sie brauchen. Ebenso bei der Arbeit, wenn wir bewusst eine Kreativitätstechnik einsetzen, die uns dann viel leichter von der Hand geht.
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