Neulich meinte jemand, dass ein Problem von Online-Seminaren in Unternehmen wohl auch sei, dass die Teilnehmenden zwischendurch oft abspringen. Das hatte ich bisher als Thema gar nicht auf dem Schirm, daher möchte ich es hier einmal genauer beleuchten.
Und natürlich auch überlegen, wie man das verhindern kann als Online-Trainerin.
Unterschiedliche Formate
Sicher hängt es auch davon ab, ob es mehr ein Selbstlernkurs oder ein Online-Seminar mit direktem Trainer-Kontakt ist.
Oder ob es Live-Online-Seminare sind oder auch begleitend in einem Forum (LMS) schriftlich miteinander kommuniziert wird.
Und bei allem gibt es diverse Mischformen und Möglichkeiten des Autauschs.
Hier ist die Gefahr sicher am größten, dass Teilnehmende nicht dranbleiben und den Kurs gar nicht bis zum Ende durcharbeiten.
Das hängt aber natürlich auch von vielen Faktoren ab, auf die ich als Trainerin nicht immer Einfluss habe.
Doch ich sollte sie zumindest im Hinterkopf haben und entsprechende Infos einholen, damit ich mich darauf einstellen kann.
Teilnahmebedingungen und Motivation
Das sind die Teilnahmebedingungen und die Motivation:
– Haben sich die Teilnehmenden freiwillig angemeldet oder wurden sie dazu verdonnert?
– Haben Sie Interesse an dem Thema, sind sie also grundsätzlich motiviert, oder wurden sie eben geschickt und fragen sich, was sie da sollen?
Gestaltung und Aufbereitung
Dann hängt es ganz sicher auch von der Gestaltung und Aufbereitung des Kurses ab.
– Ist er methodisch-didaktisch gut aufbereitet, oder totlangweilig immer das Gleiche? Zum Beispiel erst ein Themen-Input, dann eine immer gleiche Übungsaufgabe und ein immer gleicher Test?
– Ist er methodisch abwechslungsreich?
Gibt es unterschiedliche Medien und Darbietungen? Videos, Texte, Bilder, Audios? So dass sich jeder auf die Art informieren kann, wie er am besten lernt?
– Gibt es immer wieder zwischendurch kleine Aufgaben, wo die Teilnehmenden das Gelernte direkt anwenden und ausprobieren können?
– Gibt es Aufgaben und Übungen, wo auch der Nutzen des Gelernten für den Teilnehmenden direkt sichtbar wird?
Kontakt mit Trainer und Austausch mit anderen Teilnehmenden
Ich habe ja auch schon diverse Online-Kurse gebucht, die mehr in Richtung Selbstlernkurse gingen.
Wenn es reine Selbstlernkurse waren, wo ich nur schriftliche Lektionen bekam, dann dümpeln sie wohl immer noch ungelesen auf meinem PC herum. Selbst wenn ich mit Schwung die erste Lektion begonnen hatte, es mir auch gefallen hat. Aber es fehlt da einfach der Tritt in den Hintern, irgendeine Art von Verpflichtung oder Termin.
Daher haben mich nur solche Kurse weitergebracht, wo es zumindest eine Gruppe zum Austausch gab. Da haben wir uns dann untereinander gefragt, geholfen, ermutigt und zusammen gearbeitet.
Noch besser war es natürlich, wenn es auch Live-Termine mit der Trainerin gab. Das waren zwar keine Live-Online-Seminare, wie ich sie bis vor zwei Jahren IMMER gemacht habe, sondern Live Calls, aber man erlebte sie einmal live und konnte eben auch was fragen.
Dabei war es wohl mehr die psyhologische Komponente, da einen Menschen aus Fleisch und Blut zu erleben, als die Inhalte, die ich durchaus auch schriftlich hätte bekommen können.
Live-Online-Seminare
Bei meinen Trainer-Ausbildungen habe ich eher selten erlebt, dass jemand solch ein Seminar abgebrochen hat. Das waren vielleicht mal Einzelfälle, wo dann aber ganz andere Gründe eine Rolle spielten als die Tatsache, dass jemand keine Lust mehr am Seminar hatte.
Denn in der Regel melden sich die Trainer freiwillig an.
Aber auch bei Inhouse-Seminaren habe ich eher großes Interesse erlebt und Verwunderung darüber, dass auch in einem Online-Seminar so viel möglich ist und wie viel Freude es macht und eben auch viel bringt.
Jedenfalls habe ich hier dieses oben erwähnte Phänomen nicht erlebt, dass nach und nach die Hälfte der Teilnehmenden verschwand 😀.
Seminare in einem Lernmanagement-System (Forum)
Ich mache ja inzwischen immer eine Kombination aus Live-Online-Seminare und der Arbeit in einem LMS. Da habe ich durchaus erlebt, dass sich manche Trainer nur auf die Live-Online-Seminare konzentrierten und das Forum komplett links liegen ließen. Das waren meist Trainer aus einem Unternehmen, die einfach keine zusätzliche Zeit dazu hatte. Es lag also weniger an Desineteresse, zumal sie da von mir individuell bei ihren Seminarkonzepten begleitet wurden.
Woran kann es denn liegen?
Ich vermute nun einfach mal, dass ein großer Teilnehmerschwund schlicht damit zusammenhängt, dass viele Online-Schulungen einfach entsetzlich langweilig sind. Endlose einseitige PowerPoint-Vorträge sind eben nicht der Hit und da erledigen die Teilnehmenden sicher lieber nebenher noch ihre E-Mails oder andere Arbeiten.
Wenn es dann noch ein Thema ist, das sie gar nicht selbst gewählt haben und sie nicht wirklich interessiert oder sie den Nutzen nicht sehen, dann potenziert sich das noch.
Oder umgekehrt: Wenn ein Thema interessant und abwechslungsreich und vor allem teilnehmeraktivierend angeboten wird, könnte da durchaus ein Interesse am Thema erwachsen. Und auch die Erkenntnis: „Mensch, das bringt mir ja doch was für meine Arbeit!“
Wie kann ich Teilnehmerschwund verhindern?
Was kann ich denn als Trainerin ganz aktiv tun, damit dieses Phänomen gar nicht auftritt?
Auch wenn es bei den unterschiedlichen Online-Formaten verschiedene Stellschrauben gibt, möchte ich einige herausarbeiten, die man auf alle Formate übertragen kann.
1. Die entsprechenden Infos einholen
Bei Inhouse-Seminaren in Unternehmen ist es sicher wichtig vorab zu klären, wie die Teilnehmenden zusammenkommen.
Werden sie geschickt? Wählen sie das Seminar selbst aus?
Wenn du weitere Infos über die Teilnehmergruppe bekommen kannst, ist auch das sicher hilfreich. Wo und was arbeiten sie, welche Funktion haben sie etc.
Und natürlich auch, was ist das Ziel des Auftragsgebers? Was wünscht er sich, was seine Mitarbeiten lernen und umsetzen sollen?
2. Infos von den Teilnehmenden
Zu Beginn eines Seminars mache ich ja immer Methoden zum Kennenlernen und Zusammenkommen. Auch da kann ich solche Dinge klären, ob sie freiwillig gekommen sind, sie das Thema brennend interessiert, wer schon Vorerfahrungen hat und welche etc. und sich da schon einmal vorsichtig vortasten mit harmlosen Methoden wie Post-it oder Vier Ecken oder einer (anonymen) Umfrage etc.
3. Teilnehmeraktivierende Methoden
Das Entscheidende ist natürlich, die Teilnehmenden von Anfang an aktiv mit einzubeziehen. Methoden einzusetzten, bei denen sie sich austauschen, schreiben, sprechen, etwas ausarbeiten und entwickeln müssen.
Dabei bekomme ich als Trainerin auch eine Menge mit. Wie die Vorerfahrungen sind, wer interessiert dabei ist, wer sich eher zurückhält oder bei Übungen ins Schwimmen kommt.
4. Immer wieder Feedbacks und Rückmeldungen einholen
Ganz gleich ob es nur ein Live-Online-Seminar oder mehrere Termine sind, du kannst immer mal ein Feedback einbauen.
Spätestens am Ende eines Seminars hole ich immer ein Feedback ein mit einer entsprechenden Methode.
Aber auch zwischendurch, manchmal „getarnt“ als Transfer-Methode, wobei es dann beides ist. Wenn ich die Teilnehmenden schreiben oder sagen lasse, ob und wie sie eine konkrete Methode in ihren Seminaren einsetzen wollen, bekomme ich ja auch mit, ob sie was damit anfangen konnten oder sie ganz blöd fanden. Oder vielleicht gar nicht verstanden haben, was das soll. Dann ist es an mir, da Klarheit zu verschaffen.
5. Konkrete Aufgaben
Bei mehrteiligen Seminaren kannst du auch konkrete Aufgaben geben, die sie in der Zwischenzeit erledigen sollen.
Diese dann entweder zwischendurch dir per E-Mail schicken oder ins Forum einstellen oder zum nächsten Webinar-Termin mitbringen. Auf jeden Fall in einer verbindlichen Form.
6. Austausch und Zusammenarbeit der Teilnehmenden
Zusätzlich finde ich es immer sehr förderlich, wenn sich Erfolgsteams oder Arbeitsteams finden, die beispielsweise solche Aufgaben gemeinsam machen oder sich ansonsten selbst organisiert gemeinsam durch das Seminar begleiten und unterstützen.
Das hat eine enorme unterstützende Kraft, zu wissen, jeden Mittwoch treffen wir uns und berichten, was wir in der Zwischenzeit erledigt und ausgearbeitet haben, so wir Fragen stellen können, ein gemeinsames Brainstorming veranstalten können.
Auf die Art können Teilnehmende, die vielleicht schwanken, ob sie durchhalten, viel besser mitgenommen werden als von Trainerseite aus.
7. Offene, vertrauensvolle Atmosphäre
Nicht zuletzt, wenn auch hier an letzter Stelle, ist es natürlich enorm hilfreich, wenn von Anfang an eine offene und vertrauensvolle Atmosphäre herrscht, auch der Trainerin gegenüber.
Dann können Zweifel und Fragen formuliert werden, auch Kritik geäußert werden, sie können sagen, womit sie nicht klarkommen, wo sie was anderes erwartet haben, wo sie Hilfe brauchen. Dazu muss es dann natürlich auch einen Raum geben, zeitlich und organisatorisch.
Dann ist die Chance groß, das wieder richten zu können, so dass ein Teilnehmer dabeibleibt, der sich sonst vielleicht verkrümelt hätte.
All das ist natürlich bei reinen PowerPoint-Vorträgen, wo die Teilnehmenden nur mal was in den Chat schreiben können, kaum möglich.
Aber in einem interaktiven Seminar, das zudem garniert ist von vielfältigen Energizern, die noch einmal zusätzlich für eine gute Atmosphäre und positive Gruppendynamik sorgen, sind solche Klärungen selbstverständlich und angstfrei möglich.
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